Die Deutsche Bank – 5 Wege, wie Weltmarken jegliches Vertrauen verspielen – und es besser machen
Die Deutsche Bank war einst das größte Kreditinstitut der Welt und der Inbegriff für Qualität „made in germany“ in der globalen Finanzbranche. Doch diese Zeit ist lange vorbei. Im zweiten Quartal 2019 verbuchte der Konzern ein Minus von über drei Milliarden Euro. Die Deutsche Bank ist ein Schatten Ihrer selbst – das Vertrauen bei Mitarbeitern, Kunden und Aktionären ist verspielt. 5 Wege, wie Weltmarken jegliches Vertrauen verspielen.
„Geld stinkt nicht“, heißt es im Volksmund. Krumme Geschäfte, Erinnerungen an die Finanzkrise 2008, Polizei-Razzien, der Verdacht auf Steuerhinterziehung und Betrug, unzählige Strategiewechsel und ein radikaler Stellenabbau stinken hingegen schon. Die Deutsche Bank steckt in einer Krise – und das seit über zehn Jahren. Der ehemalige Primus der globalen Finanzmärkte hat sich zur „wohl schlechtesten Bank der Welt“ kaputt entwickelt, wie einige Experten sagen. Gründe dafür gibt es zu genüge. Im Kern geht es dabei aber vor allem um eine Sache: Vertrauen.
Das Vertrauen der Mitarbeiter. Das Vertrauen der Kunden. Das Vertrauen der Aktionäre. Das alles wurde verspielt. Für die Deutsche Bank ist es höchste Zeit in die Geschichtsbücher zu schauen, aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen und bis zum Jahr 1995 zurück zu blicken. Wieso? Weil der damalige Werbeslogan im heutigen Kontext fast schon makaber klingt: „Vertrauen ist der Anfang von allem“. 5 Wege, wie Weltmarken dieses verspielen.
1. Überheblichkeit in Zeiten des Erfolgs
Das Bild des gierigen Bankers hat sich in Deutschland in vielen Köpfen der Menschen fest eingebrannt – ganz zum Leidwesen der Deutschen Bank. Doch dafür ist sie zum großen Teil selber Schuld – besser gesagt, Ex-Chef Josef Ackermann. Erinnern Sie sich noch an die berühmte Victory-Pose im Mannesmann-Prozess, die ein Fotograf ablichtete? Ein Bild, das um die Welt ging und sich seitdem als Sinnbild der Kapitalismuskritik etabliert hat. Es ist ein Bild, eines gierigen Bankers, der nicht mal vor dem Gericht Achtung hat. Ein Bild der Arroganz, welches bei den Menschen Emotionen auslöst. Welche fatalen Folgen solche emotionalen Negativberührungen der Zielgruppe mit einem so wichtigen Markenvertreter wie dem CEO haben können, schildere ich detailliert in meinem Buch „Ich Endlich Einzigartig“.
Und es war auch ein Bild, welches wenig später abermals durch Aussagen bestätigt wurde. 2005 gab Ackermann das fatale Ziel aus, eine Eigenkapitalrendite von 25 Prozent erzielen. Schon damals wurde das Ziel scharf kritisiert. „Übergeschnappt“ und „gierig“, hieß es. Ackermann hielt am Kurs fest. Heute wissen wir: Die Kritiker sollten Recht behalten.
2. Uneinsichtigkeit und zu große Egos in Krisenzeiten
Wenige Jahre später – die Deutsche Bank steckt mitten in der Finanzkrise. Der Glanz alter Tage ist längst verflogen, geblieben ist das Ego. „Ich würde mich schämen, wenn wir in der Krise Staatsgeld annehmen würden“, sagte Ackermann damals. Und eine Entschuldigung, wie sie der damalige Bundespräsident Köhler forderte, würde es auch nicht geben, Schließlich stehe seine Bank gut da, so Ackermann damals. Heute ist klar: Der Bank und den Steuerzahlern ginge es besser, wenn die große Koalition 2008 die Banken, wie es in den USA geschah, gezwungen hätte, Hilfe anzunehmen.
3. Sprunghaftigkeit und Richtungswechsel
Doch es wäre falsch, die gesamte Misere auf Ackermann zu reduzieren. Die Verfehlungen gehen weiter – viel weiter. Der nächste Punkt: Der Deutschen Bank fehlt es seit Jahren an einer klaren Linie. Drei Mal wechselte die Führung in sieben Jahren – und auch unter Sewing werden die Vorstandsposten fleißig gewechselt. Ein Personalchaos, welches sich mindestens genauso schwerwiegend in der Strategie bemerkbar macht. Die Deutsche Bank steckt in einer waschechten Identitätskrise.
Fusion mit der Commerzbank? Erst ja, dann nein. Hier die Bankfilialen für den Privatkunden, dort die aggressiven Hedgefonds. Im Herzen eine global operierenden Universalbank, auf der anderen Seite die „Wurzeln“ in Deutschland, die Sewing immer wieder betont. Der Fokus soll wieder auf den „anspruchsvollen Privat- und Firmenkunden“ liegen – auf dem deutschen Mittelstand. Das Investmentbankgeschäft soll hingegen sogar vielleicht zerschlagen werden. Die ersten Kündigungswellen sind bereits vollzogen worden.
4. Lügen, Verheimlichen und Vertuschen eigener Fehler
Warren Buffett sagte einst: „Man braucht 20 Jahre, um sich einen Ruf zu erarbeiten und es braucht nur 5 Minuten, um ihn zu ruinieren. Wenn man das im Kopf behält, geht man einige Dinge anders an.” Vermutlich wurde diese Weisheit allerdings nie im Headquarter der Deutschen Bank verbreitet. Es ist ganz einfach: Wer lügt, Dinge verheimlicht oder eigene Fehler vertuscht, verliert an Glaubwürdigkeit. Ein Vertrauenskiller. Doch genau das ist oft passiert – zu oft.
Da wäre der Kirch-Prozess, bei dem die Richter den Ex-Managern der Deutschen Bank der abgesprochenen Lüge bezichtigten. Sie gaben Erklärungen ab, die „nicht nachvollziehbar und ersichtlich unwahr“ waren. Oder Ex-Deutsche-Bank-Vize Marcus Schenck, der zugab: „Vor und während der Finanzkrise haben wir (…) einige Dinge hinter dem Rücken unserer Kunden gemacht – das war sicher kein positiver Beitrag.“
Heißt konkret: Der ehemalige Werbeslogan „Vertrauen ist der Anfang von allem“ klingt zwar schön, wird jedoch erst durch entsprechendes Handeln zum authentischen Statement. In meinem Buch „Meine Marke“ habe ich ein ganzes Kapitel darüber verfasst, wie Unternehmensmarken ein langfristiges Vertrauensverhältnis zu Ihrer Zielgruppe aufbauen.
5. Verstöße gegen Leitbild und Vertrauenskultur
Vertrauen ist kein Ergebnis von schönen Worten, sondern von Taten. Und wenn diese teils sogar gerichtlich verurteilt wurden, rückt das Vertrauen in weite Ferne. Und auch in diesem Bereich, gab es in den letzten Jahren zahlreiche Verfehlungen, die ans Tageslicht gekommen sind: Die Zins-Manipulationen bei Libor und Euribor, Goldpreis-Manipulationen zwischen 2008 bis 2014, Steuerhinterziehungen mittels CO2-Zertifikate, Geldwäsche in Russland, fragwürdige Cum-Ex und Cum-Cum-Geschäfte und Krumme Hypothekengeschäfte in den USA. Das hat nichts mit dem alten Leitbild „Vertrauen ist der Anfang von allem“ und auch nichts mit der neuesten Kampagne #PositiverBeitrag zu tun.
Was Marken daraus lernen können:
Vertrauen lässt sich nicht einklagen, es muss erworben werden und wird vom Gegenüber nur freiwillig gewährt. Für Führungskräfte bedeutet das: Vertrauen verlangt Authenzität.
Vertrauen wird gewonnen durch:
• Einheit von Reden und Handeln
Das Zauberwort lautet „Konsistenz“. Menschen merken schnell, wenn das gesprochene Wort kein Gewicht hat. Gerade in Zeiten von Social Media sind Marken unter Dauerbeobachtung. Die ständige Verfügbarkeit birgt somit auch Risiken.
Deshalb gilt: Wer gehört werden will, kann schreien. Wer allerdings geliebt werden will, wählt seine Worte bewusst.
• Einhalten einmal gegebener Versprechen
„Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht“ – Ehrlichkeit ist eine Tugend. Große Versprechen sind für jede Marke ein gewagter Schritt. Werden diese eingehalten, zeugt das von hohem Selbstbewusstsein und Stärke. Gelingt dies allerdings nicht, ist der entstandene Vertrauensverlust nur sehr schwer wieder zu kompensieren.
Einfach ausgedrückt: Menschen bewerten Marken auch nach den gesteckten Zielen, die sich die Marke selber auferlegt. Und wer nach den Sternen greift, hat eine ernstzunehmende Fallhöhe.
• Offene und ehrliche Kommunikation
Wir alle kennen Hochglanz-Broschüren und formschöne Werbetexte – aber wer glaubt noch wirklich daran? Dank des Internets und der Bewertungskultur hat sich das Feld für Marken stark gewandelt. Offenheit und Ehrlichkeit werden so zu den wichtigsten Qualitäten, die eine Marke aufbringen muss.
Marken sollten sich deshalb merken: Im Alltag bleiben wir an Ecken und Kanten hängen – im Marketing ist es nicht anders. Alles andere ist langweilig.
• Geradlinigkeit und Berechenbarkeit
Vorab: Es gibt definitiv erfolgreiche Marken, die Geheimnisse als gekonntes Stilmittel nutzen, um ihre Zielgruppe zu begeistern. Dafür müssen jedoch die Rahmenbedingungen stimmen. Bei einer Bank, die das Geld ihrer Kunden verwaltet, bietet sich so etwas nicht an.
Deshalb gilt: Menschen lieben es in der Regel, wenn sie wissen, was sie bekommen. Marken brauchen eine klare und authentische Strategie, die konsequent durchgeführt wird.
• Fairness und Respekt im menschlichen Umgang
Die Generation „Shitstorm“ ist erbarmungslos. Wer einmal den Zorn der Kunden auf sich gezogen hat, muss in der heutigen Zeit mit großen Konsequenzen rechnen. Markenverantwortliche müssen sich ihrer Verantwortung gegenüber der Marke also genauestens bewusst werden. Fairness und Respekt sind absolute Grundtugenden – intern und im Umgang mit der Öffentlichkeit.
Der Fall Ackermann zeigt: Menschen können Überheblichkeit nicht ausstehen. Noch immer hat die Deutsche Bank mit diesem Image zu kämpfen.
• Zugeben eigener Fehler
Fehler sind ärgerlich, aber unvermeidbar. Wichtig ist, wie eine Marke mit solchen Fehlern umgeht. Klar ist: Vertuschen oder leugnen ist in den seltensten Fällen von Erfolg gekrönt.
Mein Tipp: Transparenz schafft Vertrauen. Marken sollten offen zu ihren Fehlern stehen und ihrer Zielgruppe einen detaillierten Plan aufzeigen, welche Erkenntnisse daraus gezogen wurden, was in Zukunft geändert wird und vor allem: sich entschuldigen.